Anspr. Sr. Hildegard

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Ansprache von Schwester Hildegard Weismüller am Pfarrfest:

"Als erstes möchte ich mich – und im Namen der Gemeinschaft der MC – ganz herzlich bedanken, dass die Pfarrgemeinde in Bad Salzschlirf einen Teil ihres Erlöses aus dem diesjährigen Pfarrfest mit unserer sechsjährigen Frauenschule in Yemo, im Urwaldgebiet der Republik Kongo, teilt.

Mich freut dies besonders, da ich mich als gebürtige Salzschlirferin n och immer mit der Gemeinde her verbunden fühle.

 

Bei dieser Gelegenheit bedanke ich mich auch bei Euch für die langjährige Unterstützung für den Einsatz unserer Schwestern in Sibirien. Dass der Aufbau einer fundierten Caritasarbeit für Familien, Kinder, Jugendliche, Obdachlose, die Patoralarbeit in Gemeinde und in den Dörfern – um nur einiges zu nennen – im Omsk möglich war, haben wir unter anderem auch Euch zu verdanken.

Die Arbeit der Caritas geht weiter und wird von russischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gut weitergeführt, auch wenn unsere Schwestern in Omsk ihren Einsatz dort nach 16 Jahren beendet und inzwischen andere Aufgaben in Deutschland übernommen haben. Eine unserer Schwestern arbeitet weiterhin als Leiterin in der Diözesankurie in Novosibirsk. Und so bleiben wir Missionarinnen Christi in Russland weiterhin präsent.

 

Nun möchte ich etwas über unserer Frauenfachschule – ein Gymnasium  - in Yemo mitten im Regenwald des Kongo am Äquator berichten.

Dass diese Schule mit Internat für bisher 100 Mädchen, die dort einen Fachabiturabschluss erreichen können, überhaupt funktioniert, ist für mich immer noch ein Wunder. Ich selbst habe 1997/98 bei einem Aufenthalt in der Diözese Bokungu Ikela, die Anfänge der Schul- und Internatsbauten dort noch gesehen und erlebt. Die Gemeinde Yemo hatte den Grund dafür zur Verfügung gestellt.

 

Zu dieser Zeit, als ich dort war, hatten die Rebellen im Ostkongo und Ruanda schon mit den Massenmorden und Plünderungen begonnen. Zerstörung, Raub, Plünderung und Vergewaltigungen breiten sich ins Inland aus. Die Rebellen waren bereits auf dem Weg in unsere Diözese. Die Menschen flüchteten in den Urwald. Auch der schwarze Bischof und die Priester versteckten sich dort. Unsere Schwestern – Deutsche und Österreicherinnen – konnten gerade noch evakuiert werden. Innerhalb von drei, vier Monaten waren alle Missionsstationen zerstört und geplündert, auch Krankenstationen und die beiden Buschkrankenhäuser. Es herrschte unvorstellbares Chaos, Gewalt und Tod. Der Diktator Mobuto wurde von den Rebellen entmachtet und der Rebellenführer Kabila übernahm die Macht in Kinshasa.

 

Zur Freude der Menschen in Yemo kamen 2002 noch vor Kriegsende vier Schwestern zurück. Es war unglaublich, Yemo und die angefangenen Schulbauten waren unversehrt geblieben. Sogar den vergrabenen Traktor gab es noch. Die Arbeit ging weiter. Im Herbst 2002 konnte der Unterricht beginnen. Freie Schulklassen dienten als Internat und nach und nach wurde weitergebaut. Die Leute gaben dem Projekt den Namen: „Motema Mpiko“, das heißt in der dortigen Lingala-Sprache: „Mutiges Herz.“

 

Wie gesagt, zur Zeit sind im Internat 100 Mädchen. Die Schülerinnen kommen aus der ganzen Diözese, die so groß wie die Schweiz ist. Da es keinen Verkehrsmittel gibt, bleiben sie währen der Schulzeit im Internat. Die sechsjährige Frauenfachschule mit Fachabitur berechtigt die jungen Frauen zum Weiterstudium, z. B. in der Hauptstadt Kinshasa. Die Schule ist eine Hilfe zur Selbsthilfe. Neben den Schulfächern haben die Mädchen die Möglichkeit eine qualifizierte Berufsausbildung in Hauswirtschaft, Kochen und Schneidern zu bekommen. Eine gute Ausbildung trägt dazu bei, dass Frauen befähigt werden, ihre Lebenssituation zu verbessern.

 

Um den täglichen Lebensunterhalt für alle zu bestreiten, haben die Schwestern Felder mit Maniok und Früchten und Gemüse angelegt, die sie zusammen mit den Schülerinnen bewirtschaften.

Ein besonderes Anliegen ist auch, den Mädchen bei der Aufarbeitung ihrer seelischen Wunden durch die Kriegsereignisse zu helfen. Viele haben ihre Angehörigen verloren oder sind vergewaltigt worden.

 

2008 machten die ersten jungen Frauen Abitur. Seitdem gibt es jedes Jahr einen Abiturjahrgang. Die Prüfungsresultate sind die besten der ganzen Äquatorprovinz. Zur Zeit läuft gerade wieder ein Abitur.

 

Das ganze Schulprojekt wird von sieben Missionarinnen Christi geleitet. Davon ist eine Schwester aus Deutschland, vier einheimische Schwestern aus dem Kongo und zwei Schwestern aus Tansania.

Seit dem Schuljahr 2011 leitet Sr. Zita, eine Kongolesin, das Gymnasium „Motema Mpiko (Mutiges Herz)“. Sie hat Französisch studiert. Wir bemühen uns auch, gut ausgebildete Lehrer aus der Hauptstadt Kinshasa auzustellen. Derzeit sind es zehn. Lehrer und Schulmaterial müssen von uns bezahlt werden. Zwei der besten Abschlussschülerinnen arbeiten als Hilfslehrerinnen in der Schule mit, bevor sie weiter studieren. Das Schulgeld beträgt 4 € im Jahr. Für die meisten Eltern – zu hoch.

 

Die Schwestern arbeiten in der Schule, im Internat und in der Pfarrei. Eine von ihnen organisiert Alphabetisierungskurse und Nähkurse für Frauen und leitet das Ernährungszentrum „Libiki“ (zu Deutsch: Rettung) für unter- und fehlernährte Kinder.

 

Der Einsatz in der Urwaldregion Yemo im Kongo kostet viel Kraft, oft bis an die eigene Grenze.

Was motiviert uns als Missionarinnen Christ uns in diesem chaotischen Land für die Menschen, die viel unter Krieg und Rebellion gelitten haben, einzusetzen? Es ist das Bewusstsein der Sendung Jesu  für die Welt. Wir wissen uns berufen und beauftragt, die Welt in seinem Sinn mit zu gestalten. Unsere Mission heißt konkret: Leben teilen, für Würde eintreten, sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Es heißt unseren Glauben anbieten, Leibe weiterschenken und Hoffnung geben.

 

Die Schule in Yemo – die nicht umsonst von den Leuten dort den Namen Motema Mpiko – mutiges Herz – bekommen hat, ist ein Hoffnungszeichen für die ganze Region. Eine gute Ausbildung für Frauen und Mädchen, die sonst keine Chance hätten, schafft für alle gute Zukunftsperspektiven und Hilfe zur Selbsthilfe.

 

Uns ist klar, dass viele mithelfen müssen, damit dieses Projekt Zukunft hat. Der Kreis, der mitträgt, ist ermutigend. Auch wenn wir Missionarinnen Christi unter schwierigsten Bedingungen die Hauptarbeitslast tragen, wären wir ohne Menschen, die uns unterstützen, bald am Ende. Als erstes ist die Dorfgemeinschaft in Yemo zu nennen, die den Baugrund zur Verfügung stellt und mit den Männern des Dorfes aktiv an den Bauten mitgearbeitet hat und noch mitarbeitet. Mit Spenden aus Deutschland und Österreich können wir Lehrer anstellen und notwendiges Schulmaterial besorgen.

 

Es ist daher eine große Freude für uns, dass Ihr in der Pfarrgemeinde hier einen Teil des Erlöses vom Pfarrfest mit der Schule in Yemo teilen wollt. Danke  und ein herzliches Vergelt´s Gott für alle, die sich daran beteiligen."