Maria auf dem Glaubensweg
Festvortrag von Prof. Dr. Müller
Wie Maria im Neuen Testament dargestellt wird, das verband Professor Dr. Christoph Gregor Müller gekonnt und äußerst unterhaltsam bei seinem Festvortrag im Pfarrheim mit seinem Betrachtungen des neuen Kreuz- und Glaubensweges, der am Sonntag, 29. Mai 2011, geweiht wird. Der Bibelexeget beglückwünschte die Pfarrei, dass sie mit dem Kunstwerk im Freien ein neues Glaubenszeugnis geschaffen habe. Wer die Marienbilder des Glaubensweges auf sich wirken lasse, werde eingeladen, wie Maria dem Glauben ein Gesicht, nämlich das eigene, zu geben.
Über 50 Zuhörer lauschten konzentriert den Ausführungen des Rektors der Theologischen Fakultät Fulda. Zu dem Festvortrag eingeladen hatte die Pfarrei, um mit dem Vortrag den Weihetag würdig entgegenzugehen. Dr. Oswald Post vom Verwaltungsrat begrüßte die Besucher und informierte über den Lebenslauf von Professor Dr. Müller, der in Hilders geboren ist.
Maria in den vier Evangelien
Der Professor, der die Auslegung der Texte des Neuen Testamentes als seine Lebensaufgabe bezeichnete, dankte für die Einladung. Er hält es für wichtig, das an der Universität Erarbeitete auch den Menschen außerhalb der Lehreinrichtung weiterzugeben. Zunächst erläuterte er, dass er die Marienbilder aus den vier Büchern des Neuen Testamentes vorstellen werde, die die Kirche schon seit dem zweiten Jahrhundert nach Christi im Vierer-Kanon weiterreicht. Maria ist im Neuen Testament nicht die dominierende Hauptfigur, sie kommt nur in einzelnen Szenen, manchmal nur in kurzen Passagen vor. Was weiß man von Maria? Sie ist eine Frau aus Nazareth, einem unbedeutendem kleinen Ort im Nordwesten Galiläas. Sie ist irgendwann mit Josef verlobt, verheiratet und hat mindestens ein Kind. Sie überlebt Jesus und ist ein Mitglied der frühen Gemeinde in Jerusalem.
Für interessanter als diese Tatsachen hält Professor Dr. Müller die Bedeutung Marias, die er für jedes Evangelium vorstellte. Das älteste Werk, das Evangelium nach Markus, das etwa um 70 nach Christi entstand, wendet sich vorrangig an Menschen aus dem Heidentum, damals also Nicht-Juden. Schon in Kapitel 3 werde Maria, die hier als „Mutter“ bezeichnet wird, als Lernende dargestellt. Sie lerne, wer Christus ist, Schritt für Schritt.
Bedroht und gewaltlos
Das Matthäus-Evangelium befasst sich zunächst mit dem Stammbaum Christi und seinen jüdischen Wurzeln bis hin zu Josef. Jesus ist das bedrohte Kind, das, wie Moses, nach Ägypten fliehen muss. Mit den Sterndeutern an der Krippe kommen die Heidenvölker in den Blick. Christus ist immer der, der der Gewalt ausgeliefert ist. Aber Jesus verlässt seinen Weg der Gewaltlosigkeit nicht. Der Mensch Jesus wird auch als Blüte, als Gabe Gottes, dargestellt.
Maria als Vorbild im Glauben
Das Lukas-Evangelium sieht Professor Dr. Müller als „Marien-Maler“. Es stellt Maria als das Vorbild des glaubenden Menschen dar, als Lern- und Trainingsprogramm. Die faszinierende Parallelgeschichte des Lebens von Johannes dem Täufer und Jesus soll aussagen: selig der Mensch, der darauf vertraut, was Gott ihm anvertraut. Das ist in den Augen des Professors auch die ideale Überschrift für den Glaubensweg.
Im Kapitel 2 des Lukas-Evangeliums (2,6-28) werde deutlich: Gott überrumpelt den Menschen nicht. In Maria begegnet uns hier eine Frau, die sich einlässt, die einwilligt auf den Weg, den Gott mit ihr gehen möchte. Gemäß des Lukas-Evangeliums kommt Jesus aus einer tempelfrommen Familie, die Szene der Darstellung Jesus im Tempel, wie sie im neuen Kreuz- und Glaubensweg festgehalten ist, markiert die Bedeutung Christi für Israel und alle Völker. Christus wird dargestellt nicht nur als Sieger-Typ, sondern als der, der über Passion und Kreuz in die Herrlichkeit eingeht. Das Schwert, das über Marias Leben hängt, sei im Glaubensweg zu sehen.
Um den Glauben ringen
Der neue Glaubensweg besitze auch Szenen, die die Evangelien gar nicht kennen, zum Beispiel die Begegnung auf dem Weg zur Kreuzigung mit Maria oder die Darstellung der Pieta. Beeindruckt zeigte sich Professor Dr. Müller von der Darstellung der Pieta mit Brot und Wein, wobei der Künstler eine Brücke zur Eucharistie schlage.
Bei der Erzählung im Lukas-Evangelium des 12jährigen Jesus im Tempel wird Maria als glaubender Mensch vorgestellt, der sucht, der nach Verstehen ringt. Jesus Antwort sieht der Professor als eine Hilfe für viele nach dem Glauben suchenden Menschen: Glaubender wird man nicht in einem Schritt, man muss darum ringen. Als Betrachter dieser Szene des Glaubensweges komme man mit Maria ins Gespräch über Glaubenserfahrungen.
Im Johannesevangelium sieht Professor Dr. Müller eine Schlüsselszene in der Hochzeit zu Kana. Was da erzählt wird, ist ein Zeichen, das erschließen soll: Jesus ist das Leben in Fülle. Damit könne man all die anderen Wundergeschichten verstehen. Die Beispiele sollen zeigen, wer Jesus ist und was in ihm aufleuchtet: die Herrlichkeit Gottes als Spender.
Christus der Lebensspender
Auch im Johannes-Evangelium hat Maria den Namen Mutter Jesu. Zunächst ist sie geladen zur Hochzeit, die als Symbol für Freude, Gemeinschaft und Glück steht. Als Jesus seiner Mutter sagt, seine Stunde sei noch nicht gekommen, gebe uns der Evangelist ein Rätsel auf. Wann kommt die Stunde Jesu? Man muss lange lesen, bis die Mutter – unter dem Kreuz – wieder auftaucht: dann ist Jesu Stunde gekommen. Er stirbt mit dem Satz: es ist vollbracht. Damit sei gemeint: die Werke, die Worte des Vaters sind geäußert, er kehrt im Tod zum Vater heim. Die Passion Jesu sei so etwas wie eine Inthronisation. Vom Kreuz herab vertraut er die Mutter dem Jünger an.
Die Hochzeit zu Kana schlägt also die Brücke zur Passion. Den gespendeten Wein gibt es in großer Fülle, es symbolisiert Christus als den Lebensspender schlechthin. Die Christen sollen der Fülle des Lebens in der Welt dienlich sein, darauf weise Maria hin, wenn sie sage: Was er euch aufträgt, das tut.
„Ihr sollt meine Zeugen sein“
Abschließend ging Prof. Dr. Müller noch auf eine kleine Szene in der Apostelgeschichte ein (Apg 1, 12- 14). Das sei eine Bemerkung über die frühe Kirche. Nach Ostern ist es für Jesus Familie möglich, sich zu Jesus zu bekennen. Die Pfingstdarstellung im Glaubensweg hält der Professor für sehr gelungen und plastisch: Maria breitet die Arme weit aus, sie ist für Gott empfänglich. Erst durch das Oster-Erlebnis lernen die Menschen den Weg des Messias neu zu sehen: durch das Leiden zur Herrlichkeit. Am Schluss des Glaubensweges mischt der Künstler viele Menschen-Typen unter die Apostel und es gibt den Auftrag „Ihr sollt meine Zeugen sein“. Die Evangelien kommen durch die Menschen in die Welt. Wer den Glaubensweg betrachte, schaue vom Pfingstereignis weiter ins Dorf, wo er den Glauben leben soll, nachdem er im Glaubensweg Ruhe, Rückzug und Besinnung erlebte. „Mit dem Kunstwerk haben Sie ein Instrument, sich dem Glauben zu nähern.“ Der Weg führe die unterschiedlichsten Perspektiven am Beispiel Marias vor Augen. In diesem Sinne empfahl Professor Dr. Müller den Zuhörern, den Glaubensweg zu nutzen.
Dr. Post dankte im Auftrag der Pfarrei dem Referenten und Elisabeth Seifert, die den Vortrag mit Klavierstücken bereichert hatte. Fragen der Zuhörer über die Intellektualität der Evangelisten und die Familie Jesu beantwortete der Professor gerne und versprach auch, einer weiteren Einladung zu einem erneuten Vortrag in Bad Salzschlirf zu folgen.
Weihe am Sonntag
Die Weihe des Kreuz- und Glaubensweges bei der Mariengrotte am Fuß des Strangesberges beginnt am Sonntag, 29. 5. 2011, um 14.00 Uhr mit einer meditativen Einführung durch den Künstler Paul Brandenburg, die per Lautsprecheranlage auf den Grottenvorplatz übertragen wird. Um 15.15 Uhr weiht Domdechant Prälat Prof. Dr. Werner Kathrein das Kunstwerk. Anschließend sind alle zu einem Fest der Begegnung ab 16.00 Uhr im Pfarrhof bei der Kirche eingeladen.
Da sich am Vorplatz der Mariengrotte nur wenige Parkplätze befinden, wird der Fahrtweg zur Mariengrotte am Sonntag, 29. 5., ab 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr gesperrt. Parkflächen gibt es beim Friedhof und im Ort. Gehbehinderte und ältere Besucher können an der Raiffeisenbank in der Fuldaer Straße einen kostenfreien Pendelbus nutzen, der sie an die Grotte und wieder zurück bringt.